„Mama, wir gehen nicht mehr in die Hundeschule?“
„Nein, wir haben Euch in Rente geschickt.“
„Hm, aber unter Beibehaltung unserer vollen Bezüge, hoffe ich doch…“
„Was genau meinst Du damit?“
„Wenn wir in der Hundeschule gearbeitet haben, bekamen wir bis jetzt immer für jede Übung etwas Käse oder Putenwurst. Wie gedenkst Du, uns diesen Teil unserer bisherigen Vergütung von jetzt an zukommen zu lassen?“
„Aber wenn man eine Rente bezieht, muss man zwangsläufig Abschläge in Kauf nehmen. Das ist bei Menschen nicht anders.“
„Ihr Menschen beantragt aber Eure Rente nach eigenem Gutdünken. Wir wurden einfach von unserer Arbeit in der Hundeschule abgemeldet, ohne uns zu fragen. Und jetzt sollen wir mit irgendwelchen ‚Abschlägen‘ vorlieb nehmen und auf unseren Käse und unsere Putenwurst verzichten. So geht das nicht!“
„Wenn Ihr weniger arbeitet, könnt Ihr auch alle diese Leckereien nicht mehr vertragen, ohne krank zu werden.“
„Sagt wer?“
„Das Thema hatten wir schon einmal…“
„Aha, Du meinst die Tierärztin. Total inkompetent, auch das hatte ich Dir schon einmal erklärt, aber Ihr Menschen begreift ja nie etwas…“
„Ok, wir könnten eine einvernehmliche Lösung finden. Ich schlage vor, dass wir z. B. die Übungen aus der Hundeschule – in abgespeckter Form – zuhause weiter machen. Dafür könnt Ihr dann als zusätzliche Leistungsprämie wie bisher auch den von Euch so geliebten Käse und die Putenwurst bekommen.“
„Was verstehst Du unter ‚abgespeckt‘?“
„Ich sehe, Du bist ein hartnäckiger und erfahrener Verhandlungsführer…“
„Ich bin nicht umsonst Rechtsanwalt César de Villafranca, der in den verschiedenen Hundeforen im Internet die Interessen der Hunde im Allgemeinen und der Rateros im Besonderen vertritt. – Aber Du lenkst vom Thema ab: Was verstehst Du unter ‚abgespeckt‘?“
„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt César de Villafranca, ich verstehe darunter eine an Euer Alter und Eure Leistungsfähigkeit angepasste Übungssequenz: Wir können bei schlechtem Wetter in der Wohnung üben, bei gutem Wetter im Garten. Ich dachte für Euch beide zusammen an insgesamt 30 Minuten Training, wobei jede einzelne Übung nicht öfter als 3 x wiederholt wird.“
„Hm, das klingt soweit ganz vernünftig. Wann und wie oft werden dann Pausen eingelegt, wie lang sind die Pausen und werden die Pausen auch vergütet?“
„Pausen werden nie vergütet, das ist bei Menschen genauso.“
„Entspricht dann unsere Gesamtvergütung, gerechnet in Käse- und Putenwursteinheiten, der Vergütung, die wir auch in der Hundeschule vereinnahmt haben?“
„Das habe ich so genau noch gar nicht ausgerechnet.“
„Das solltest Du aber, wenn Du uns in Rente schickst, ohne uns vorher zu fragen.“
„Nun gut, ich gehe davon aus, dass wir Menschen Euch Hunden im Allgemeinen und Euch Rateros im Besonderen gegenüber einer bestimmten Fürsorgepflicht unterliegen…“
„… die darauf ausgerichtet ist, dass wir keinerlei Einbußen zu verzeichnen haben! Was soll das heißen, wir werden älter und sollen deswegen auf unsere Leistungsprämie verzichten?“
„Nein, Ihr sollt gesund leben, ohne körperlich und geistig überfordert zu werden und dabei gleichzeitig eine gesunde, abwechslungsreiche und nicht zu fette Ernährung zu Euch zu nehmen.“
„Und wenn diese Ernährung quantitativ und gustativ betrachtet unzureichend ist?“
„Es geht ja um die Qualität Eurer Ernährung.“
„Genau das. Willst Du etwa behaupten, dass schnödes Hundefutter genau dieselbe Qualität aufweist wie Gouda Mittelalt oder Putenwurst aus der Feinkostabteilung?“
„So, jetzt rechnen wir es doch einmal durch, ganz in Ruhe und ohne Polemik: In der Hundeschule habt Ihr einen Kurs von 60 Minuten. Davon sind ca. 10 – 15 Minuten Pause, es gibt 2 Pausen, das macht noch ungefähr 45 Minuten reinen Unterricht.“
„Ja, soweit bin ich mit Dir einverstanden.“
„Ihr seid ungefähr 4 – 5 Hunde pro Kurs, so dass jeder Hund in den 45 Minuten jeweils 10 Minuten arbeitet.“
„Ja, das stimmt mit meiner eigenen Rechnung überein.“
„Gut, da Ihr zu zweit seid, kann man sagen, dass Ihr beide zusammen in der Hundeschule ungefähr 20 Minuten arbeitet.“
„Genau. Und wenn Du uns jetzt in Rente schickst und uns beide zusammen insgesamt 30 Minuten arbeiten lässt, also 10 Minuten mehr als sonst, dann haben wir nicht nur Anspruch auf unsere bisherige Leistungsprämie aus Käse und Putenwurst, sondern auch noch auf unseren Anteil an Räucherlachs und türkischer Salamiwurst, die Ihr beide jeden Abend esst, ohne uns irgendetwas davon abzugeben!“