Fluchtversuch aus Alcatraz

10. Mrz 2022

„César, Bandito – wo seid Ihr?“

„…“

„César, Bandito, wir suchen Euch!“

„…“

„Verdammt noch mal, werdet Ihr wohl antworten, wenn man Euch ruft?“

„Wir sind ausgewandert. Über die grüne Grenze.“

„Und wohin? Und warum?“

„Also, wir sind hinter der Hecke und kommen erst wieder, wenn unsere Bedingungen erfüllt werden.“

„Bevor irgendwelche Bedingungen erfüllt werden, wird der Nachbar hinter der Hecke Euch längst die Löffel langgezogen haben.“

„Opfer muss man eben bringen, wenn man seine Ideale verteidigen will.“

„Meine Güte, was ist denn los? ‚Grüne Grenze‘, ‚Bedingungen‘, ‚Opfer‘ und ‚Ideale‘? Könnt Ihr mich vielleicht einmal aufklären, was hier gespielt wird?“

„Es geht darum, dass wir hier in Alcatraz gefangen gehalten werden und uns nicht frei bewegen können. Auch die Verpflegung lässt zu wünschen übrig.“

„Wisst Ihr überhaupt, was Alcatraz ist bzw. war?“

„Ja, ein ziemlich ausbruchsicheres Hochsicherheitsgefängnis für Rateros.“

„Nein, für Mafiosi.“

„Das ist dasselbe.“

„Interessant. Und warum wollt Ihr flüchten?“

„Zum Beispiel, weil wir morgens in aller Herrgottsfrühe geweckt werden. Rateros müssen normalerweise ausschlafen.“

„Papa und ich stehen um 08.00 Uhr auf, weil wir arbeiten müssen. Danach frühstücken wir – und bringen Euch übrigens das Frühstück ans Bett…“

„Ja, aber dann verlangt Ihr von uns, dass wir hart arbeiten.“

„Hart arbeiten? Meine Güte, wovon sprecht Ihr?“

„Davon, dass wir fast jeden Tag 1,5 – 2 Stunden Fußmarsch hinter uns bringen müssen und bei diesen Gewaltmärschen zwischendurch immer wieder die Hausaufgaben aus der Hundeschule wiederholen müssen.“

„Tja, Hunde brauchen nun einmal Auslauf, sonst werden sie krank. Und dank der Hausaufgaben für die Hundeschule sollt Ihr geistig wach bleiben.“

„Aber selbst bei schlechtem Wetter müssen wir arbeiten.“

„Bei schlechtem Wetter bleiben wir alle zuhause und spielen im Wohnzimmer, damit Euch nicht langweilig wird.“

„Es ist aber sehr anstrengend, ständig hinter Dir herzuräumen und die Wohnung in Ordnung zu halten.“

„Wie meint Ihr das denn?“

„z. B. verlierst Du immer an Regentagen die Dummys, die wir dann irgendwo in der Wohnung zusammensuchen müssen, weil Du sie an den unmöglichsten Stellen verloren hast.“

„Nasenarbeit ist gesund für Hunde.“

„Und wenn wir uns dann abends auf die Couch legen, weil wir hundemüde sind, kommt Ihr dazu, schiebt uns womöglich auch noch zur Seite und macht Krach.“

„Welchen Krach?“

„Wir meinen damit den Krach aus dem Kasten da in der Wohnzimmerecke. Wir wissen ja, dass Menschen im Vergleich zu Hunden mehr oder weniger taub sind, aber diese Laustärke und dazu auch noch die flimmernden Bilder, das geht dann doch wirklich zu weit.“

„Der Fernseher ist Menschen-Unterhaltung und das Sofa gehört uns allen.“

„Dazu kommt dann noch unsere Verpflegung. Wie kann es sein, dass wir Vier nicht alle das Gleiche essen? Warum bekommen wir Hundefutter und Ihr esst Selbstgekochtes?“

„Das liegt daran, dass Menschenfutter für Hunde sehr ungesund ist – oder möchtet Ihr vielleicht Harissa oder Kichererbsen essen? Und umgekehrt ist Hundefutter für Menschen nun wirklich nicht geeignet.“

„Auf jeden Fall bleiben wir hier jetzt im Niemandsland, bis wir die schriftliche Zusicherung haben, dass alle unsere Bedingungen erfüllt werden.“

„Vielleicht dürfen Papa und ich einige Gegenforderungen stellen? Z.B. ist es für mich ziemlich schmerzhaft, wenn Ihr – womöglich noch alle beide – auf meinen Schienbeinen herumturnt, wenn ich abends die Beine auf der Couch hochlege. Ebenso schmerzhaft ist es für mich, wenn man mir ins Ohr schreit, während ich mich bücke, um Eure Futterschüsseln für das Abendessen aus Eurem Küchenschrank zu holen. Und Papa findet es überhaupt nicht lustig, auf der Rückfahrt von einem Spaziergang oder von der Hundeschule Césars melodische Gesänge zu hören – er kann deshalb trotzdem nicht schneller fahren, damit Euer Abendessen früher serviert wird.“

„Also, wir wären bereit, wieder hinter der Hecke hervorzukommen, wenn wir uns dazu alle an einen runden Tisch setzen und unsere gegenseitigen Forderungen verhandeln.“

„Das klingt doch schon einmal besser, als die jetzige Situation.“

„Ja, aber vergiss nicht, dass der runde Tisch auch reichlich gedeckt sein muss.“

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