Die fliegenden Rateros

17. Feb 2022

Foto: www.doerte-block-fotografie.de

„Bei diesem Wetter können wir auf gar keinen Fall vor die Tür.“

„Es regnet doch aber nicht.“

„Ja, aber es herrscht ein furchtbarer Sturm. Und dabei besteht dann die Gefahr, dass wir wegfliegen.“

„Macht Euch keine Sorgen, zur Not bleibt Ihr an der Leine.“

„Wir könnten aber immer noch wegfliegen, und Du mit uns.“

„Ich selbst bin viel zu schwer zum Wegfliegen. Zu irgendetwas muss mein gesunder Appetit ja schließlich gut sein…“

„Hast Du noch nie etwas von fliegenden Hunden gehört? Wir schweben in Lebensgefahr!“

„Fliegende Hunde sind eine ganz andere Tierart, die haben mit kleinen Rateros nichts zu tun, das sind große Feldermäuse, die in Asien leben.“

„Es sollen aber schon kleine Hunde durch die Luft geflogen sein, ganz weit weg, und jetzt finden ihre Menschen sie nicht mehr, weil sie auf irgendwelchen Dächern festsitzen. In Frankreich gibt es sogar einen eigenen Begriff dafür – chien assis -“.

„Chien assis bedeutet zwar sitzender Hund, wenn man es wörtlich übersetzt, aber in Wirklichkeit ist das eine Dachgaube und kein kleiner Hund, der davon geflogen ist.“

„Papa hat gesagt, er hat vom Autofenster aus ein Dutzend kleiner Rateros gesehen, die hoch über ihm durch die Luft geflogen sind – und ihre Leinen hingen sogar noch daran. Und dann hat er noch gesagt, dass er einen großen Ochsen auf einem Dach gesehen hat.“

„Das müsst Ihr irgendwie falsch verstanden haben. So viele Rateros gibt es in unserem Ort gar nicht, dass er ein Dutzend von Euch hat durch die Luft fliegen sehen, von einem Ochsen ganz zu schweigen.“

„Die kamen ja auch aus Mallorca.“

„Rateros kommen immer aus Mallorca.“

„Ja, aber dieses Mal hat der Sturm sie auf Mallorca gepackt, hoch in die Luft gehoben und bis nach Deutschland geblasen. Nur, dass sie hier wegen des Sturms eben nicht landen konnten und jetzt immer noch durch die Lüfte irren.“

„Das halte ich für ein Gerücht.“

„Hast Du nicht im Fernsehen gesehen, dass nicht einmal die Flugzeuge landen können? Und die sind viel schwerer als Rateros.“

„Das Problem der Flugzeuge ist ein technisches Problem.“

„Und unser Problem auch, nämlich unser Leichtgewicht. Wir haben dem Sturm noch weniger entgegenzusetzen als die Flugzeuge.“

„Doch, wir halten Euch an der Leine und gehen sowieso nur kurz vor die Tür. Am anderen Ende der Leine sind dann Papa oder ich und halten Euch fest. Keine Angst, Ihr werdet nicht ziellos durch die Lüfte irren.“

„Seid Ihr schwerer als ein Flugzeug?“

„Nein, aber wir haben auch keine Tragflächen und außerdem gehen wir aufrecht.“

„Aber wir Rateros können nicht aufrecht gehen.“

„Das braucht Ihr ja auch nicht. Wir halten Euch an der Leine fest.“

„Aber dann fliegen wird doch trotzdem weg, auch wenn wir an der Leine sind – wir sind doch viel zu leicht.“

„Und was schlagt Ihr als Lösung des Problems vor?“

„Also, das Einfachste wäre, wenn wir heute – aus reinen Sicherheitsgründen, versteht sich – den ganzen Tag zuhause bleiben und uns in der Decke einkuscheln würden, während Ihr uns ganz sanft den Rücken massiert und den Bauch krault. Beides gleichzeitig, versteht sich, Ihr habt ja jeder zwei Hände.“

„Und was ist mit Pipi?“

„Wird völlig überbewertet.“

„Ach so. Hättet Ihr vielleicht noch einen für Euch akzeptablen Plan B?“

„Na klar, wir könnten schwerer werden. Das müsste aber als absoluter Notfall noch unbedingt heute im Laufe des Tages geschehen.“

„Und wie wollt Ihr das bewerkstelligen, so auf die Schnelle?“

„Indem wir eine doppelte Ration bekommen. Zu diesem Zweck wären wir ausnahmsweise auch bereit, mit Papa im Auto ins Feinkostgeschäft zu fahren, um möglichst viele und möglichst schwere Lebensmittel zu kaufen, die wir dann sofort im Auto aufessen.“

„Und auf der Fahrt bis zum Feinkostgeschäft besteht nicht die Gefahr, dass Ihr auf Nimmerwiedersehen davonfliegt?“

„Nein, im Auto, zusammen mit Papa, sind wir ja sicher. Nur vom Auto bis zum Geschäft müsste Papa uns dann tragen und jeden von uns unter einen Arm nehmen.“

„Verstehe. Ich glaube, ich schicke Euch alle drei in ein Geschäft, in dem Papa kleine Bleigewichte kauft, die er dann an Euren Geschirren befestigt, um Euch Eure Flausen auszutreiben.“

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