„Mama, ich muss einmal Eines ganz deutlich sagen – wenn man sich Hunde anschafft, auch wenn es zwei sind, muss man sich gefälligst auch darum kümmern.“
„Aber das tun wir doch!“
„Nein, nicht immer so, wie Bandito und ich das gerne hätten.“
„Was hättet Ihr denn gerne?“
„Deine und Papas exklusive Aufmerksamkeit. Besonders Dein Verhalten lässt uns gegenüber oft genug zu wünschen übrig.“
„Ja – aber … Wir gehen jeden Tag mit Euch spazieren, wenn das Wetter draußen allzu scheußlich ist, machen wir die Übungen für die Hundeschule zuhause und außerdem gehen wir zweimal die Woche in die Hundeschule. Was wollt Ihr denn noch?“
„Dass Du aufhörst, mit diesem komischen Dingsda in Deiner Hand zu sprechen, zu lachen, zu diskutieren und das Dingsda manchmal auch noch zu trösten. Neulich hast Du fast zwei Stunden damit verschwendet, anstatt uns beide hinter den Ohren zu kraulen.“
„Welches Dingsda?“
„Dieses komische Ding – vielleicht ist es auch ein Lebewesen – das das unverdiente Privileg hat, links neben Deinem Lieblingsspielzeug, dem Computer, auf dem Schreibtisch zu thronen. Damit nicht genug, wenn das Dingsda zetert, kommst Du immer sofort angerannt und sprichst ganz freundlich mit ihm. Auch wenn Du gerade beim Essen oder im Badezimmer warst. Jetzt scheint dieses Dingsda auch noch zwei Welpen bekommen zu haben, die rechts neben Deinem Computer auf dem Schreibtisch hocken. Die geben manchmal auch so schrille Piepstöne von sich und Du bist immer ganz freundlich zu denen. Wir Rateros waren aber zuerst da und haben die älteren Rechte!“
„So, jetzt verstehe ich, was überhaupt los ist. Das Dingsda, wie Du es nennst, ist ein Telefon, die beiden Welpen sind Smartphones. Das sind Gegenstände und keine Lebewesen. Sie dienen dazu, dass wir Menschen uns über die Entfernung unterhalten können. Ich spreche also in Wirklichkeit nicht mit irgendwelchen komischen Dingern, sondern mit Menschen, die weit weg sind und auch so ein Dingsda in der Hand haben.“
„Ihr seid wirklich kompliziert. Könnt Ihr nicht ganz einfach wie jeder normale Hund Euer Bein an einem Baum oder Busch heben, um Nachrichten zu hinterlassen oder nachts bei Vollmond heulen? Oder einen Haufen vor den Gartenzaun setzen? Oder vor der Tür bellen?“
„Ich fürchte, das geht in unserer Menschenwelt nicht. Außerdem wirst Du bemerkt haben, dass ich Eure Haufen immer wegräume und in die Mülltonne werfe, damit es keinen Ärger mit anderen Menschen gibt. Die würden das nämlich überhaupt nicht gut finden, wenn hier überall Haufen herumliegen…“
„Kulturbanausen sind das.“
„Nun ja, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten… Auf jeden Fall muss ich mit den Dingern da auf meinem Schreibtisch reden, es geht nicht anders.“
„Neulich habe ich aber gehört, dass Du zu dem Dingsda gesagt hast, es soll nicht traurig sein, und wenn Du irgendetwas tun kannst, soll es nur Bescheid sagen. Das hast Du zu uns noch nie gesagt! Dabei sind wir doch die Hauptpersonen auf dieser Welt!“
„Der Mensch am anderen Ende der Leitung war eben traurig, aber zu weit weg, als dass ich ihm anderweitig hätte helfen können. Zu Euch brauche ich nicht zu sagen, dass Ihr nur Bescheid zu sagen braucht, wenn etwas nicht stimmt. Das tut Ihr ja sowieso – und zwar Tag und Nacht und oft genug in einer nicht zu überhörenden Lautstärke.“
„Wenn Ihr eben schwerhörig seid…“
„In der Tat, morgens um 3 Uhr sind wir das meistens…“
„Sag ich doch – Bandito und ich sind die Hauptpersonen auf dieser Welt, aber das Dingsda auf Deinem Schreibtisch mit seinen zwei Welpen wird bevorzugt – und einer der beiden Welpen kommt sogar mit zur Hundeschule. Wo bleiben da unsere Privilegien?“
„Welche Privilegien?“
„Na die, die uns von Geburt an zustehen. Hat man Euch das auf Mallorca etwa nicht erklärt, als Ihr uns abgeholt habt?“
„Nein, nicht so wirklich. Es war die Rede von Impfungen und Fütterung, aber das Wort Privilegien haben weder Papa noch ich gehört.“
„Das liegt daran, dass Ihr kein Spanisch sprecht. Deswegen werde ich es Euch jetzt noch einmal erklären, ganz langsam und zum Mitschreiben. Also: Bandito und ich müssen jeden Tag mindestens eine Stunde (und zwar jeder von uns) gekrault werden – hinter den Ohren, am Bauch (das fördert die Verdauung) und auf dem Rücken. Weiterhin muss uns jeden Abend vor dem Schlafengehen mit freundlicher Stimme eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt werden (in der wir die Helden sind). Die Zimmertemperatur muss mit uns abgestimmt werden, die Art der Decken auf der Couch auch. Übrigens sitzen wir alle vier abends zusammen auf der Couch, ohne das Dingsda mit seinen Welpen.“
„Ah ja, verstehe… Und was mache ich, wenn das Dingsda abends einmal Laut gibt, wenn wir alle auf der Couch sitzen?“
„Dann ignorierst Du es, um seine Frustrationstoleranz zu erhöhen – hast Du denn in der Hundeschule nicht aufgepasst?“