„So, Ihr Lieben, wir werden heute ein bisschen Gymnastik machen. Das ist gut für Eure Konzentration, Eure Koordination und Euren Rücken.“
„Und was springt für uns dabei heraus?“
„Wie soeben erklärt: eine Verbesserung Eurer Konzentration, Eurer Koordination und Eures Rückens. Dazu kommt noch, dass es heute in Strömen regnet und sehr stürmisch ist. Anstatt eines Spaziergangs bei diesem ekligen Wetter bleiben wir alle zuhause und üben mit den Cavaletti.“
„Hm – und was sollen wir damit machen?“
„Ihr müsst nur im Schritt und möglichst gleichmäßig über die Stangen gehen. Dabei müsst Ihr darauf achten, dass Ihr die Stangen nicht reißt. Das ist besonders bei Euren Hinterbeinen wichtig.“
„Und wenn wir die Stangen reißen, bekommen wir dann Schmerzensgeld?“
„Zur Belohnung für einen Fehler?“
„Nein, weil es weh getan hat.“
„Keine Angst, das tut nicht weh. Die Stangen liegen nicht höher als 3 cm, ich habe das mit Eurer Trainerin vorher genau abgesprochen. Die Abstände zwischen den einzelnen Stangen sind auch raterogerecht. Ihr könnt in aller Ruhe von einer Stange zur anderen gehen. Dabei ist es wichtig, dass Ihr weder trabt noch galoppiert, sondern einfach nur geht.“
„Kannst Du uns das einmal zeigen?“
„Ja, hier bitte: Ich habe zwar nur zwei Beine und nicht vier, aber so soll die Übung aussehen.“
„Es wäre tatsächlich besser, Du würdest uns das zeigen, wenn Du auf allen Vieren über die Stangen gehst. Die Übung klingt wirklich ziemlich kompliziert…“
„Menschen können eigentlich nicht auf allen Vieren laufen. Wir stehen dann nämlich auf unseren Hinterbeinen auf den Knien und ziehen die Unterschenkel nach. Aber ich versuche es einmal wenigstens mit einer einzigen Stange. Also: das erste Vorderbein über die Stange, dann das zweite Vorderbein über die Stange, das erste Hinterbein über die Stange und dann das zweite Hinterbein über die Stange. Fertig.“
„Mit welchem Vorderbein fängt man an?“
„Das ist egal.“
„Und mit welchem Hinterbein macht man weiter?“
„Das ist auch egal.“
„Kannst Du bitte einen Moment warten – wir müssen erst einmal unsere vielen Beine sortieren.“
„Kein Problem. Aber Ihr habt jeder nur vier Beine.“
„Bist Du sicher? Also, wir haben jeder ein linkes Vorderbein, ein rechtes Vorderbein, ein linkes Hinterbein, ein rechtes Hinterbein, jeweils zwei Beine auf der linken Seite, zwei Beine auf der rechten Seite, zwei Vorderbeine und zwei Hinterbeine. Das sind insgesamt zwölf Beine! Pro Ratero, versteht sich.“
„Macht Euch keine Sorgen, Ihr habt jeder nur vier Beine, und die kann man sehr gut sortieren. Fangt einfach an.“
„Gut, also, wir sind bereit. Allerdings ist es für uns eine enorme logistische Herausforderung, unsere zahlreichen Beine in der richtigen Reihenfolge über diese haushohen Stangen zu manövrieren, ohne Anlauf nehmen zu können.“
„Ich ahne, was jetzt kommt… Welche Lösung schlagt Ihr vor?“
„Zur Förderung unserer Konzentration und Verbesserung unserer Muskelleistung wäre eine zusätzliche Gabe von Phosphor und Proteinen sehr sinnvoll.“
„Wie genau stellt Ihr Euch das vor?“
„Zum Glück enthält Seefisch sowohl Phosphor als auch Protein. Und da wir ganz zufällig noch getrocknete Sardellen in unserem Schrank haben, könntest Du diese Sardellen in einer langen Linie zwischen den jeweiligen Hindernissen auf den Boden legen. Das würde uns den Weg zeigen und unsere anspruchsvolle geistige Leistung verbessern.“
„Aha, verstehe. Meinetwegen, ich lege eine lange Reihe getrocknete Sardellen zwischen die Hindernisse. Können wir jetzt anfangen?“
„Äh – Hilfe! Ein Loch – ein schwarzes Loch!“
„Wo? Was meint Ihr damit?“
„Diese Dinger, die die Stangen halten, haben in der Mitte jeweils ein schwarzes Loch!“
„Du meinst die Muldenhauben. Das Loch ist normal, das hält die Stange.“
„Aber wir haben doch gerade gestern zusammen die Fernsehsendung über schwarze Löcher gesehen, die alles verschlingen – Raumfahrzeuge, ganze Planeten und sogar kleine Rateros.“
„Die schwarzen Löcher im All haben mit der Mitte der Muldenhauben nichts zu tun. Die verschlingen nichts und niemanden.“
„Und wenn doch? Uns wäre es lieber, wenn Du die schwarzen Löcher der Gruselhauben zustopfst.“
„Ja, womit denn?“
„Na, auch mit Fisch. Wir haben gesehen, dass die Tüte in unserem Schrank noch ganz voll ist! Sobald Du die Löcher zugestopft hast, können wir endlich mit unserer intellektuell anspruchsvollen Arbeit beginnen.“
„Wenn die Herren meinen…“